Das Schweigen der Lämmer
- Katrin Reichelt
- 17. Sept.
- 3 Min. Lesezeit

Die Synagoge an der Reichenbachstraße, sagt Friedrich Merz, wie immer von sich selbst ergriffen, hat als einziges jüdisches Gotteshaus in München die NS-Zeit überstanden. Seine Worte hallen wider in der Echokammer, in der die Scheiben klirrten und die Synagogen brannten und in Deutschland ansonsten nichts zu hören war, als das Schweigen der Lämmer. Sie schwiegen, allen voran Merz, im Angesicht des Todes zweier junger Mädchen, die eine vor den Zug gestoßen, die andere im Zug erstochen von Männern, denen eines ganz gewiss nicht heilig ist: das Leben von Andersgläubigen. Sie schweigen auch jetzt, wo Merz das feige Attentat auf den jungen, konservativen, Israel zutiefst verbundenen US Aktivisten Charlie Kirk mit keinem Wort erwähnt, während die westliche Welt im Zensur-Aufruhr versinkt. DER politisch konservative junge Mann, der bis zu seinem Tod vor wenigen Tagen das vertrat, was Merz in vielen Punkten einst selbst vorgab zu vertreten. Unter anderem das Recht der Jüdinnen und Juden, sich nicht zu fürchten, als solche erkannt zu werden. Um dann stattdessen Israel, wo das jüdische Volk nicht rein zufällig lebt… um genau diesem heiligen und einzigem demokratischen Land der Region in den Rücken zu fallen: mit hochmütigen Ermahnungen, mit Waffenembargo und schließlich mit der Befürwortung einer Zwei-Staaten-Lösung. An deren Spitze die Hamas steht, deren Gräueltaten nicht ins Internet übertragbar sind - und das will echt was heißen. Sie schweigen insgesamt, wenn das Recht auf Meinungsfreiheit jeden Tag geschändet wird, wenn Menschen sagen: Israel hat das Recht auf sein einziges Zuhause.
SCHWEIGEN IST EINE BOTSCHAFT.

Ich hätte auch geweint - allein vor Scham. Denn in dieser Synagoge saßen nun „die Generationen danach“, denen Merz erklären musste, dass Schweigen keine Botschaft ist. Nicht das Schweigen zu den schweren Körperverletzungen gegenüber Juden in Deutschland. Nicht der gesprühte David -Stern, um Häuser und Wohnungen von Juden landauf landab zu brandmarken. Nicht das Schweigen zu den humanitär Besorgten , die Orchester und Schachspieler und ESC-Sänger ausladen. Nicht das Schweigen zu den Zeitungsartikeln der ganz und gar satten Lämmer, die darüber berichten, dass einer tatsächlich ein jüdisches Restaurant eröffnen möchte, wo doch die Menschen in Gaza hungern. Und auch nicht das Schweigen über die deutschen Geiseln, die in den Katakomben der Hamas umkamen, … nicht über Baby Kfir, den kleinen Ariel oder ihre Mama Shiri.
Es war die Krönung seines Verrates am jüdischen Volk. Ich hätte auch geweint, denn mit der Anerkennung der Zweistaatenlösung und damit Palästinas wenige Tage zuvor hatte Merz Israels Mördern die Absolution erteilt. Ich hätte auch geweint – aus Angst, dass jemand zu Recht aufsteht an dieser heiligen Stätte und den Pharisäer als solchen benennt. Selbstverständlich hatte Merz zuvor gesagt, dass die Anerkennung auf gar keinen Fall stattfinden würde, so wie er immer sagt, dass alles auf gar keinen Fall stattfindet - um es dann spätestens drei Tage später genau so zu tun.
Ich hätte auch geweint an seiner Stelle – vor Angst, dass die Menschen in der Synagoge aufstehen und mir ins Gesicht spucken, nachdem ich sie so schändlich verraten habe. Dieses Kind, über das Merz so weinte, saß während seiner Rede in der ersten Reihe, nunmehr eine wunderschöne, alte Dame, eine Überlebende dessen, was Merz nun so leid tut, auch wenn er immer wieder gegenteilig handelt. In ihrem Buch wunderte sie sich, warum ihr als Jüdin in der NS-Zeit niemand zur Hilfe kam… wie so etwas möglich war.
Ich sehe, dass Menschen gefährliche Wesen sind. – Roger Köppel
Ein paar Monate der Regierung unter Merz haben gezeigt, dass es nicht nur noch immer möglich ist, sondern dass die Lämmer lauter schweigen denn je.
Genau das, von dem der Kanzler sagt, dass es sich nie wieder abspielen würde, spielt sich heute wieder ab in Deutschland und im wundersamen Westen. Ich hätte auch geweint an Merz‘ Stelle, denn ein junger Mann, 31, Vater von zwei Kindern, ein großer Freund Israels, der jede Woche den Sabbat feierte, wurde vor den Augen der Menge einfach abgeknallt, weil er eben NICHT schwieg.
Ich hätte geweint, wenn meine Staatsräson darin bestünde, die Staatsräson wieder und wieder zu brechen.
Er kann offenbar nicht Wort halten. Das Konzept ist ihm fremd und damit ist er Lichtjahre von der Treue entfernt, die das jüdische Volk Gott gelobt hat.
Mit seinem Weinen hat er um sein eigenes Leben gefleht – so wie es 6-millionenfach im Holocaust geschah und ungehört verhallte. Nur mit dem Unterschied, dass die unendlich duldsamen, gütigen Menschen Israels, die dort saßen in dieser einzig übrig gebliebenen Synagoge des zweiten Weltkrieges, ihn mit seinem Flehen davon kommen ließen. Sie haben so viel Feigheit in ihrem Leben gesehen, dass es auf eine mehr nun auch nicht mehr ankam.
Fotos: iStock photo, wikimedia commons




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